offener Brief an Ralf Jäger, NRW-Innenminister vom 27.9.2014:
Polizeiliche Begleitung von Brauchtums-Umzügen
Sehr geehrter Herr Minister Jäger,
mit Erstaunen und Unglauben musste ich in einem Bericht der Rheinischen Post vom 27.September 2014 lesen, dass Sie durch Ihre Konkretisierung in einem Schreiben an die Landtagspräsidentin Carina Gödecke die Verkehrssicherungspflicht bei Veranstaltungen wie Brauchtums-Umzügen in die Hand der Veranstalter geben.
Sollte die Polizei als Partner der Bürger zukünftig Umzüge wie beispielsweise Laternenumzüge von Schulen und Kindergärten anlässlich St. Martin nicht mehr begleiten, bedeutet das das schleichende oder sofortige Ende solcher Umzüge.
Es kann von Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern und von den Eltern der Kinder nicht erwartet werden, dass sie bei solchen Umzügen in der Lage sind, die Teilnehmer zu sichern und zu schützen. Kurzfristige, vorübergehende Straßensperrungen kann dieser Personenkreis den anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber mangels Exekutivrechten nicht durchsetzen.
Mit dieser Regelung sorgen Sie, Herr Minister Jäger, für ein baldiges Ende kultureller Erlebnis-Möglichkeiten von Menschen und insbesondere von Kindern bei Brauchtums-Umzügen. Darüber hinaus bewirken Sie so eine weitere Entfremdung der Bürger von der Polizei. Kinder lernen bei solchen Gelegenheiten die Polizei als Partner und Freund kennen und entwickeln eine positive Einstellung zu den Kolleginnen und Kollegen im Polizeidienst.
Aussagen von Kindern wie „Das ist unser Polizist, den kenne ich, der hilft uns immer.“ werden nicht mehr oder nur noch selten zu hören sein.
Mehr Polizeipräsenz im normalen gemeinschaftlichen Alltag ist eine häufig gestellte Forderung der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Ein partnerschaftliches Verhältnis von Bürger und Polizei wird durch den Rückzug der Polizei von der Aufgabe der Verkehrssicherung bei Umzügen erschwert. Polizei wird mehr und mehr nur noch als Kontrolleur und Überwacher empfunden werden.
Das wäre eine traurige Entwicklung, die es zum gesellschaftlichen Wohl zu verhindern gilt.
Ich bitte Sie eindringlich um eine erneute Abwägung der Sachlage und um eine Anweisung im Sinne der Menschen dieses Landes, zu denen die Polizistinnen und Polizisten gehören.
Eine vornehmlich betriebswirtschaftliche Abwägung zum Zwecke der Haushaltsentlastung wird der Aufgabe Ihres Amtes nicht gerecht.
mit freundlichen Grüßen,
Manfred Schramm