Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Wilhelmstraße 141
10963 Berlin
Offener Brief
Liebe SPD,
es geht Dir nicht gut, Du hast es wahrlich schwer in diesen Tagen.
Du warst befreit von der Wählerstimmen zehrenden großen Koalition und hattest Aussicht auf ein paar Jahre der Rekonvaleszenz in gleichzeitiger Führerschaft.
Du wolltest die Opposition im Bundestag anführen.
Jetzt ziehen und zerren sie von allen Seiten an Dir und wollen Dich erneut in eine große Koalition zwingen.
Dabei hast Du doch klar und deutlich gesagt: ‚Keine GroKo mit uns.‘. Das hast Du am Wahlabend gesagt und Du hast es am Tag nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungsgespräche gesagt.
Es sollte doch allen klar sein, dass Du diese Entscheidung jetzt nicht mal eben schnell kippen kannst.
Einige Deiner Mitglieder murren schon und sagen, Du müsstest in Dich gehen und noch einmal über die Entscheidung nachdenken. Die Medien kolportieren auch schon Deinen Wankelmut.
Selbst Dein (ruhendes) Mitglied Frank-Walter Steinmeier aka Bundespräsident will Dich in die Pflicht nehmen.
Verantwortung und so, dabei kannst Du eigentlich nur verlieren, egal, was Du machst.
Vielleicht gibt es aber doch eine Lösung für dieses Dilemma, vielleicht kannst Du den gordischen Knoten durchschlagen!
Was, wenn Du im Bundestag einfach 2 Fraktionen bildest?
Um gemeinsam mit CDU/CSU und den GRÜNEN eine Regierungsmehrheit zu bilden, braucht es mindestens 355 Mandate.
CDU/CSU und GRÜNE bringen 313 Mandate ein. Für die fehlenden 42 Mandate bildest Du einfach eine Fraktion – nennen wir sie SPD-Koalitionsfraktion.
Es verbleiben Dir noch 111 Mandate für eine zweite Fraktion – nennen wir sie SPD-Oppositionsfraktion – und Du bist weiterhin und gleichzeitig mit der zweiten Fraktion Oppositionsführer.
Natürlich kannst Du auch mit den Zahlen 42 und 111 für die Fraktionsstärken ein wenig spielen. Die SPD-Oppositionsfraktion darf nur nicht aus weniger als 93 Mandatsträgern bestehen, damit Du Oppositionsanführer bleibst.
Du könntest Deiner staatspolitischen Verantwortung gerecht werden und eine Regierung ermöglichen und Dir gleichzeitig treu bleiben und in die Opposition gehen.
Das geht doch nicht?
Das kannst Du nicht machen?
Doch, das geht, warum nicht?
Die Geschäftsordnung des deutschen Bundestags besagt, dass sich mindestens 5 von hundert Mandatsträgern zu Fraktionen zusammen schließen können.
Im 19. Deutschen Bundestag müssen es also mindestens 36 Mandatsträger sein, die eine Fraktion bilden können.
Die Mitglieder der Fraktion müssen gleichgerichtete politische Ziele haben und dürfen in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen.
Das dürfte bei den Abgeordneten, die für die SPD in den Bundestag gewählt wurden, passen.
Also, warum nicht.
Einfach mal neu denken, einfach mal anders an die Sache gehen.
Demokratische Grüße,
Manfred Schramm