In der Sitzung des Sozialausschusses im Kreistag Wesel wurde am 14. September die Anfrage nach Fixierungen in den Pflegeheimen im Kreis Wesel behandelt.
Anfrage freiheitsentziehende Massnahmen
Vorweg: das Thema ist, so meine Wahrnehmung, ein eher unbeliebtes Thema, dem man nicht zuviel Aufmerksamkeit schenken mag. Ich darf mich freuen, die Anfrage beantwortet zu bekommen.
Die Antworten auf die einzelnen Punkte der Anfrage wurden mündlich vorgetragen, ich warte auf das Protokoll und muss solange mit meinen Notizen während der Sitzung arbeiten.
Vor der Beantwortung der Anfrage habe ich kurz auf die allgemeine Situation in der Pflege hingewiesen, auf die schlechte finanzielle Ausstattung, den prekären Personalschlüssel und die Belastungen des Pflegepersonals, die möglicherweise ursächlich für vermeidbare Fixierungen sein können.
Zu den Fragen 1 & 3 liegen seitens der Kreisverwaltung keine regelmäßig erhobenen Zahlen vor. Eine Aufschlüsselung nach Maßnahmenarten ist also nicht möglich. Auch die Nachfrage nach der Fallzahltendenz kann demnach nicht beantwortet werden. Allerdings wurde die Zahl von 11 Fixierungen genannt, die in Heimen im Kreisgebiet vorgenommen wurden.
Frage 1: „Wie viele freiheitsentziehende Maßnahmen durch Fixierung wurden bei Prüfungen von Heimaufsichtsbehörde und Medizinischem Dienst der Krankenversicherung (MDK) in wie vielen Heimen im Kreis Wesel in den vergangenen 5 Jahren festgestellt?“
Frage 3: „Falls möglich: in welcher Anzahl wurden welche körpernahen Fixierungen vorgenommen? (Schlüsseln Sie die Zahlen bitte nach den verwendeten Arten auf: Gurt im Rollstuhl, Stecktisch am Rollstuhl, hochgestelltes Bettgitter, Bauchgurt, diagonale Fixierung, Fünf-Punkt-Fixierung.)“
Die Frage 2 nach den Fixierungen ohne Genehmigung und Einwilligung wurde so beantwortet: ‚Es sind keine solchen Fixierungen bekannt.‘
Frage 2: „Für wie viele dieser Fixierungen lag weder eine richterliche Genehmigung noch eine schriftliche Einwilligung der betroffenen Person vor und in wie vielen Fällen führte dies zu welchen Sanktionen der Überwachungsbehörden?“
Die Frage 4 wurde nach meiner Meinung ausweichend beantwortet mit „Alle Einrichtungen haben Konzepte. In allen Einrichtungen ist man bestrebt, die Zahl der Fixierungen zu reduzieren.“
Frage 4: „Wie viele der geprüften Pflegeeinrichtungen haben konzeptionell vorgesehen, auf derlei Fixierungen zu verzichten, und konnten entsprechende Beratungen nachweisen?“
Auf meine Nachfragen hin wurde weiter mitgeteilt, dass in den Jahren 2013 bis 2016 in 140 Einrichtungen 186 Regelprüfungen vorgenommen worden sind.
Rechne ich richtig, bedeutet das: die Regelprüfung eines Heimes erfolgt alle ca. 31 Monate.
Anschliessend gab es eine kurze Diskussion.
Es wurde von einem CDU-Kollegen gefragt, ob es einen aktuellen Anlass gäbe und ob wir jetzt alle mit einem schlechten Gefühl die Sitzung verlassen müssten. Der Kollege wurde vom Fachdienst beruhigt.
Ebenso versuchte er, die in der Presse kolportierte Zahl von 80.000 freiheitsentziehenden Maßnahmen in Deutschland zu relativieren, indem er vortrug, dass diese Zahl ja auch wiederholte Fixierungen ein und derselben Personen beinhalte.
Wtf? Macht es das besser?
Eine SPD-Kollegin erklärte (mir), wir könnten im Kreis nichts am Betreuungsschlüssel ändern, die Anfrage sei zwar sehr richtig, aber wir hätten das ja nicht in der Hand.
Ich finde, man darf, nein, man muss solche Fragen ohne konkreten Anlass stellen dürfen und sollte sie auch stellen, wenn man nicht (alle) Randbedingungen der in Frage stehenden Sache auf Kreisebene beeinflussen kann.
Eine Grünen-Kollegin warf ungefragt noch kurz ein, dass ich ja nun 5 Redebeiträge zu der Anfrage gehabt hätte, was unüblich sei, und gab so zu verstehen, dass ihr das zuviel erscheint.
Der Ausschussvorsitzende brachte ihr zur Kenntnis, dass das bei einem fraktionslosen Einzelmitglied, das die Redebeiträge nicht auf mehrere Ausschussmitglieder verteilen kann, erwartbar und auszuhalten sei.
Insgesamt gab es leider keinen umfassenden Bericht über die freiheitsentziehenden Maßnahmen in unseren Pflegeheimen.
Ich bin zufrieden mit der beauskunfteten Tatsache, dass es in den Heimen im Kreis Wesel zu keinen unrechtmäßigen freiheitsentziehenden Maßnahmen gekommen ist.
Nicht zufrieden bin ich mit der mangelnden Detailiertheit der Antworten bzw. mit der Tatsache, dass es keine Mittel und Werkzeuge der Heimaufsicht gibt, die Zahlen zu erheben.
Hier sehe ich Veränderungsbedarf, der aber wohl auf höherer Ebene zu betreiben sein wird.