Kaum hat Frau von der Leyen ihre Vorstellungen von der Bundeswehr als Arbeitgeber kund getan, fallen Bundeswehrgegner – latent unterbewusste wie bewusst dezidierte – darüber her.
Folgt man den Einen, so hat die Verteidigungsministerin das Undenkbare gedacht. „Kinder in Kasernen – das geht gar nicht.“
In den sozialen Netzen kursieren schnell Bilder von Kindersoldaten (ja, dass es die gibt, ist schrecklich) mit Kommentaren wie „Kinder, die schon in der Freizeit ausgebildet wurden„.
Abgesehen davon, dass die Bilder von Kindersoldaten keine Kinder im Kindergartenalter zeigen und sie insofern schon unpassend sind, zeigen solche Themenverknüpfungen jedoch gut, dass die Bundeswehr von vielen Menschen weniger als Arbeitgeber und mehr als Armee gesehen wird. Den illegitimen Anstrich, den die Kommentare der Bundeswehr geben, lasse ich hier unkommentiert.
Aussen vor bleiben bei diesen Gedanken die ~80.000 zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr.
Zurück zur von der Leyenschen Vorstellung von Familienfreundlichkeit für Eltern junger Kinder.
Mit ihrer Erfahrung als ehemalige Familienministerin und als ehemalige Arbeitsministerin schlägt sie gedankliche Brücken zwischen den ehemaligen Tätigkeitsfeldern.
Mir gefällt das – grundsätzlich.
Wenn man die Bundeswehr nicht mag oder in Frage stellt, wird man Bemühungen, die Bundeswehr attraktiver zu machen, immer kritisieren – bei guten wie bei schlechten Ideen und Vorhaben.
Befürwortet man die Bundeswehr oder akzeptiert ihre Notwendigkeit, wird man derartige Bemühungen begrüßen.
Dass Bundeswehrmitarbeiter*innen und Soldat*innen Männer, Frauen, Töchter, Söhne, Brüder, Schwestern, Freund*innen sind, wird niemand bestreiten.
Dass sie rund um ihren Beruf die gleichen Rechte auf gesellschaftliche Errungenschaften und Unterstützung haben, bestreitet hoffentlich auch niemand.
Bei der Frage Kinderbetreuung in Kasernen geht es aber nicht nur um eben diese Bundeswehr-Angestellten.
Das ist es, was mich am Vorstoß von Frau von der Leyen stört.
Hat sie in ihrer Zeit als Familienministerin noch größten Wert darauf gelegt, dass es ‚Vereinbarkeit von Familie und Beruf‚ heißt und eben nicht ‚Vereinbarkeit von Beruf und Familie‚, so dreht sie die Wertigkeit der beiden Lebenskomponenten Familie und Beruf mit der Aussage „Das wichtigste Thema ist dabei die Vereinbarkeit von Dienst und Familie.“ um.
Ich habe Frau von der Leyen als Familienministerin persönlich erlebt, habe gesehen und gehört, mit welcher Intonation sie sich die Maxime Familie zu eigen gemacht hat.
Wenn sie nun die Wertigkeit von Familie und Beruf umdreht, wird sie sich selbst entweder untreu oder gefährdet ihre (rückbetrachtete) Glaubwürdigkeit.
Nun ‚denkt‘ sie also in der Reihenfolge ‚erst Dienst, dann Familie‘ und entwickelt gedanklich Szenarien, die die Kinder der Bundeswehrangestellten und Soldaten wesentlich treffen werden.
Statt auch in Sachen Kinderbetreuung Brücken zu schlagen und zum Beispiel über Betreuungspartnerschaften zwischen Bundeswehr und standortnahen Kitas und Kindertagespflegenden nach zu denken, will sie die Betreuung kleinster Kinder in der Kaserne.
Das bedeutet nicht weniger als Enklave Kaserne von Geburt an.
Statt – im Sinne der gesellschaftlichen Einbindung der Bundeswehr und ihrer Soldaten und Angestellten – die Kinder in die vorhandenen Kitas und Betreuungsstellen gehen zu lassen, sieht Frau von der Leyen die Kinder in den Kasernen und ändert – strategisch sicher richtig – ihren Duktus.
Genauso, wie ich die Werbefeldzüge der Bundeswehr in deutschen Schulen verurteile habe ich etwas gegen Kleinkinder in Kasernen.
Werte Frau von der Leyen, denken sie über Partnerschaften zwischen Bundeswehrstandorten und Betreuungs- und Bildungseinrichtungen nach, nehmen Sie gerne die Bundeswehrzugehörigkeit auf in einen Kriterienkatalog bei Aufnahmen von Kindern in Kitas und Schulen. Aber lassen Sie bitte die Kinder in ihren Familien und in allgemeinen Kitas und Schulen.
Nachwort: Ich habe bewusst keine Brücke zu früheren politischen Instrumenten wie HJ geschlagen und möchte diesen Blogbeitrag auch nicht in diese Richtung gehend interpretiert wissen.