Liebe SPD,
ich hatte dich einmal richtig lieb.
Damals – ich war jung – hast du mein Herz erreicht. Es war Willy Brandt, der in mir die Leidenschaft für Politik für Menschen geweckt hat. Das damals war mehr als ein wärmendes Feuer zum Wohlfühlen. Es war wie ein Schmiedefeuer, auf dem Stahl geformt wird. Es war wie eine Esse zur Veränderung unserer Gesellschaft.
‚Wir wollen mehr Demokratie wagen‘. Das habe ich gerne geglaubt. Das war vor 45 Jahren.
Am Wochenende treffen sich deine Delegierten zum Parteikonvent und sprechen über Themen, die mir am Herzen liegen.
In deinem Antragsbuch zum Konvent sind viele für unsere Gesellschaft wichtige Punkte enthalten.
Du, liebe SPD, willst die Demokratie stärken, willst Familien in ihrer Vielfalt stärken, willst Lohngerechtigkeit fördern und vieles anderes.
Deine Mitglieder wollen noch mehr.
Du aber schaffst es, 102 von 116 Anträgen aus Landesverbänden, Unterbezirken, Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften abzulehnen oder an Gremien zu verweisen.
Annehmen willst du nur neun Anträge. Vier davon sind Anträge deines Vorstands.
Der allererste Antrag – auch der ist von deinem Vorstand und wurde von deiner Antragskommission angenommen – lautet ‚Unsere Demokratie stärken‘.
Du willst Demokratie stärken und verwirfst die überwiegende Zahl der Anträge deiner Basis?
Würde ich dich heute noch lieb haben, ich fühlte mich von dir getäuscht und verraten.