Anläßlich meiner Kritik an dem Antragsformular der Familienkarte des Kreises Wesel ergab sich eine kleine Diskussion.
In der Diskussion wurde unter anderem deutlich für die Ehe als die ‚richtige Form‘ der Familie plädiert (Zitat): „Wenn jetzt alles gleich gestellt wird, ist die Ehe ein Auslaufmodell. Damit kann man sich jede Hochzeit sparen. Mal sehen, was der Papst dazu sagt. Ich finde die Regel wie sie heute ist auf jedenfall richtig so„.
Das kann man so sehen. Diese Sichtweise akzeptiere ich gerne.
Über Jahrhunderte war die Ehe das Institut (und bei katholisch Gläubigen sogar Sakrament), mit dem sich zwei Menschen gegenseitg verbanden und sicherten, bis in den Tod.
Das hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert.
Im ähnlichem Maße wie die Zahl der Eheschließungen (in Deutschland von 516.388 in 1990 nach 382.047 in 2005, -26%) sank, stieg die Zahl der Scheidungen (in Deutschland innerhalb der ersten 25 Ehejahre von 154.786 in 1990 auf 187.027 in 2005, +21%). Die Zahl der Haushalte mit Kindern ging vergleichbar zurück. Also muss der Anteil der Haushalte mit Kindern, in denen Unverheiratete oder Alleinerzieher leben, entsprechen gestiegen sein (weniger Eheschliessungen, mehr Scheidungen).
Den Faktor, dass viele Menschen auch mehrfach heiraten (zeitlich nacheinander natürlich) lasse ich hier mal unberücksichtigt.
Diese rein statistische Betrachtung lässt erkennen, dass die Ehe nicht mehr für alle und auch nicht mehr für die überwiegenden Mehrheit die Familienform der Wahl ist.
Dieser gesellschaftlichen Realität müssen diverse Rechte nun endlich folgen (Steuerrecht, Melderecht, Familienrecht, Personenstandsrecht).
Das hat nichts damit zu tun, jemandem ’seine gewählte Familienform‘ abzusprechen.
Es ist im Gegenteil die Aufhebung der Diskriminierung von Familienformen, die in den Zeiten, in denen die relevanten Gesetze verfasst wurden, die Ausnahme darstellten und die deshalb bei der Gesetzgebung nicht berücksichtigt wurden.
Jetzt, nach Jahrzehnten der gesellschaftliche Entwicklung, müssen sie endlich auch gesetzlich berücksichtigt werden.
Den kirchlichen Aspekt der Ehe lasse ich hier unbeachtet, da ich die Modernisierung von Gesetzen anspreche und die Kirche für die Gesetzgebung in einem säkularen Staat (Trennung von Staat und Kirche) keine Relevanz hat / haben darf.
„Mal sehen, was der Papst dazu sagt.“ ist also eine Frage ohne Relevanz für die Gleichstellung der Familienformen.
Die Haltung der Päpste war lange genug mitentscheidend für die Gesetzgebung im Bereich Familie.
Davon darf sich unser säkularer Staat gerne endlich befreien. (nebenbei: ich bin evangelisch)
Alle Familienformen (und Lebensgemeinschaften, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen) rechtlich gleich zu stellen nimmt niemandem im tradierten Familienmodell die Möglichkeit, vor dem Gesetz oder/und vor Gott zu heiraten.